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PFERD & HUND VERSTEHEN, PSYCHOLOGIE

Veröffentlicht am Juni 14, 2015

 

Gruppendynamik – oder: Wer führt hier überhaupt wen?

von Sandra Walschek

 

13 Menschen, drei Pferde, eine Aufgabe: Drei Runden geschlossen als Herde den Paddock entlang spazieren. Gar nicht so schwer, oder?

Von wegen.

Wenn Menschen, die sich nicht kennen und teilweise gar nichts mit Pferden zu tun haben, gemeinsam eine Aufgabe bewältigen sollen, kann das holprig starten.

 

Genaue Vorgaben für das “Wie” machen Anke Ebener (Gründerin der Children’s Foundation for Equine Assisted Therapy) und Claudia Cords nicht.

 

In der Mitte des Paddocks befinden sich nur allerlei Hilfsmittel, die genutzt werden könnten…Ratlos schaut sich die Menschengruppe um. Keiner traut sich so recht einen Anfang zu machen.

 

Als Wallach Pino sich neugierig zeigt, fasst sich Teilnehmerin Steffi ein Herz, schnappt sich den Schweif des Pferdes, und animiert ein paar weitere Teilnehmer sich anzuschließen. Pino weiß jetzt nur nicht, wohin er soll – keiner gibt ihm eine Richtung vor. Da dreht er sich lieber im Kreis.

 

Stute Eleigra steht am Rand. Dreht dem Geschehen den Hintern zu…Sie lässt sich von den Versuchen der Menschentruppe nicht beeindrucken.

 

Auch Mahiba ist skeptisch. Gruppendynamik will noch nicht so recht aufkommen – sie beobachtet lieber…

 

Teilnehmer Harry versucht es ganz allein: Während ein Teil der Gruppe Pino zum Mitmachen bewegt, nimmt er sich Mahiba an und versucht sie durch leichtes Schieben in Bewegung zu bringen.

 

Es kommt Bewegung in die Gruppe: Pino und Mahiba laufen nun mit. Eleigra traut der Sache immer noch nicht und behält ihre Position.

 

Anke und Claudia beenden die Übung und lassen die Teilnehmer zu Wort kommen. Was fällt ihnen auf?

Strukturlos – ein Wort, dass fast alle spontan bejahen. In ungewohnter Umgebung mit einander fremden Menschen so kommunizieren, dass sich eine Gruppendynamik bildet, scheint schwerer als gedacht.

 

Teilnehmer Harry erinnert an seinen Alleingang mit Mahiba und erklärt, dass er sich schon ein wenig allein mit der Situation gefühlt hat.

 

Auch Teilnehmerin Lena hat sich beim Versuch Eleigra zu motivieren etwas “verlassen” gefühlt.

Nach grober Einschätzung der Situation folgt Versuch Nummer 2.

 

Teilnehmerin Sabine übernimmt das Zepter und schlägt vor, es nonverbal zu probieren und die Pferde nicht weiter zu beachten, da sie sich der Menschenherde dann anschließen würden.Es klappt: Selbst Eleigra lässt sich nun von den Hinteren überreden mit der “Herde” zu laufen.

 

Ziel dieser Übung ist die Selbstreflexion: Also das Beobachten des eigenen Verhaltens. Daraus entwickele ich ein Gefühl, wie ich mich allgemein im Leben verhalte und welche Situationen dadurch entstehen.Diese pferdegestützten Übungen sind für jeden Menschen geeignet und werden beispielsweise in Mitarbeitertrainings integriert. Denn: Pferde (und Hunde) spiegeln das Verhalten des Menschen zu jeder Zeit. Sie zeigen uns sofort, wenn wir unsicher sind, uns unverständlich ausdrücken oder zu aggressiv sind.

 

“Es war toll die Gruppendynamik zu spüren als wir uns auf eine Idee geeinigt hatten und losgegangen sind. Die Pferde haben reagiert, haben uns vertraut und sind mitgekommen. Als ich beim ersten Versuch Eleigra animieren wollte mitzukommen, hätte ich mir gewünscht, dass mir jemand hilft”, sagt Teilnehmerin Lena.

 

“Bei mir hat es gehakt, weil ich niemanden kannte. Ich beobachte dann lieber und ziehe mich zurück. Für mich war die Situation eine Selbsterfahrung”, sagt Teilnehmerin Gabriele.

 

“Ich war erst ganz verwirrt. Anfassen und verbinden – das war so ziellos. Ich hatte erst selbst keine Idee, habe mich aber daran erinnert, dass Pferde in der Herde laufen und dann habe ich mich im zweiten Durchgang sicher gefühlt”, sagt Teilnehmerin Sabine.

 

“Ich fand es toll zu erleben, dass man in einer Gruppe mit fremden Menschen auch die Lösung für ein Problem finden kann. Jeder hat erstmal für sich überlegt und dann haben wir uns arrangiert”, sagt Teilnehmerin Steffi.

 

“Mein Fazit aus der Übung: Es macht keinen Sinn Entschlossenheit nur vorzugaukeln, man muss es auch innerlich fühlen können”, sagt Teilnehmer Harry.

Pferde zeigen uns den Weg zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Wir müssen nur hinschauen – fernab von irgendwelchen Reitweisen und Trainingsmethoden.

 

Mehr zum Thema Spiegelungen gibt es in den nächsten Beiträgen zu lesen…KATEGORIE: Pferd & Hund verstehen, Psychologie Schlagwort: Beziehung, Bindung, Entwicklung, Hund, Kommunikation, Lernverhalten,Mensch, Persönlichkeit, Pferd, Probleme, Spiegelungen, Umgang, Verhalten, Vertrauen von Sandra Walschek. Freie Journalistin aus Niedersachsen. 29 Jahre alt. Schreibt über Menschen, Tiere, gesunde Ernährung, mentales Gleichgewicht und nachhaltiges Leben. Kann aber auch PR, fotografieren, Videos drehen und schneiden.

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